Abstimmung über den Velotunnel am HB

Abstimmung über den Velotunnel am HB

Wir haben die Abstimmung zum Velotunnel am HB mit 74 Prozent Ja-Stimmen gewonnen.

Am Anfang war das Chaos rund um den Hauptbahnhof: zu viele Velos, zu wenig Platz.

Dieser unbefriedigende Zustand bewog Pro Velo Zürich 2011 zu einer Petition: «Pro Velo hat dazu das Ei des Kolumbus gefunden und fordert vom Regierungsrat, in einem ungenutzten Autobahntunnel eine Velostation einzurichten», schrieb der damalige Geschäftsleiter Dave Durner in der April-Ausgabe des Velojournals.

Aus dem Autobahntunnel …

Der besagte Tunnel führt auf einer Breite von 25 Metern entlang der Sihl unter den Gleisen hindurch. Er wurde Ende der 1980er-Jahre als Vorinvestition in den Stadttunnel gebaut, der dereinst die A1 mit der A3 hätte verbinden sollen. Damals dachte man, es sei eine gute Idee, die Autobahn mitten durchs Stadtzentrum zu führen. Die Zeiten ändern sich zum Glück – und so wurde die Fertigstellung auf unbestimmte Zeit verschoben.  Fast nebenbei erwähnt Durner am Ende des Artikels, dass es noch einen anderen Vorteil hätte, den ungenutzten Tunnel freizugeben: «Da der Tunnel den gesamten HB unterquert, könnte er nicht nur als Velostation, sondern eben auch als Tunnel genutzt werden. Als Velotunnel, natürlich. Als bequeme, schnelle und direkte Verbindung zwischen den Kreisen 4 und 5, ohne den Umweg rund um den Bahnhof oder durch die Langstrassen­unterführung.»

Velotunnel am HB: Türhüter Wilhelm Morf vor dem Eingang zum Tunnel.

… wird ein Velotunnel

Innerhalb von fünf Monaten gelang es Pro Velo Zürich, rund 3000 Unterschriften zu sammeln. Die Zeit drängte, denn im Oktober 2011 war auch das neue «Agglomerationsprogramm Stadt Zürich-Glattal» des Kantons Zürich in der Vernehmlassung. Es legte unter anderem fest, welche Verkehrsmassnahmen umgesetzt werden sollten. «Ausser für Winterthur sind darin kaum konkrete Vorschläge für den Langsamverkehr vorgesehen. Dabei wird das vom Bund ausdrücklich verlangt», sagte der damalige Geschäftsleiter von Pro Velo gegenüber dem «Tagesanzeiger». Der Stadttunnel als Veloweg wäre ein perfektes Projekt für den Kanton, der ohnehin viel zu wenige Velowege habe.

Stadt und Kanton zeigten sich offen für die Idee, und das Tiefbauamt gab eine Machbarkeitsstudie in Auftrag. Bereits drei Jahre nach der Petition, also 2014, hätte der Tunnel für die Velos eröffnet werden sollen. Aber wie so manches Projekt zur Verbesserung der Veloinfra­struktur in Zürich strapaziert auch dieses Bauvorhaben die Geduld der Velofahrenden.

Autobahntunnel wird zu Velotunnel: HB Zürich

Warum dauerte das wieder so lange?

2019 verlangten GLP, SP und Grüne vom Stadtrat ultimativ Auskunft darüber, wie es zu den massiven Verzögerungen kommen konnte. Gegenüber dem «Tagesanzeiger» sagte GLP-Gemeinderat Sven Sobernheim: «Immer wieder wurden verschiedene Stellen als Bremser genannt.» Zuerst der Kanton, dann das Bundesamt für Strassen (Astra) als Besitzer des Autobahnstummels, das offenbar plötzlich doch wieder Ansprüche auf den Tunnel anmelde. Hinzu kämen technische Schwierigkeiten etwa wegen der im Untergrund verlaufenden Leitungen.

Mit den Jahren stiegen auch die Kosten: Schätzte das städtische Tiefbauamt die Kosten für den Bau der Rampen und den Einbau des Velotunnels in die vorhandene Kaverne 2012 noch auf unter eine Million Franken, ist der Betrag inzwischen auf 27,4 Millionen angestiegen.

Die Abstimmung vom 13. Juni

Warum braucht es so viel Geld für den Ausbau eines bereits vorhandenen Tunnels? Das Bauvorhaben erwies sich als komplexer als anfänglich angenommen. Für den Bau der Rampen und des Anschlusstunnels an die Velostation Europaplatz müssten gemäss Tiefbauamt diverse Werkleitungen neu verlegt werden. Bei dieser Gelegenheit würde auch gleich ein ewz-Trassee aus der Sihl in den Stadttunnel umgelegt. Zudem sind zusätzliche Sicherheitsanlagen wie etwa Brandschutztüren oder eine Videoüberwachung erforderlich. Im Objektkredit enthalten sind auch rund 9 Millionen Franken für einen allfälligen Rückbau, falls der Autobahntunnel doch noch kommen sollte. Dies würde dann aber nicht Millionen, sondern Milliarden kosten und wäre frühestens in 20 Jahren der Fall – und bis dann ist das Thema Stadtautobahn hoffentlich ganz vom Tisch.

Die hohen Kosten sind nun der Grund dafür, warum der Velotunnel noch eine letzte Hürde nehmen muss. Am 13. Juni entscheidet das Stadtzürcher Stimmvolk mit einem Ja oder Nein zum Budgetposten über das Projekt. Nach den 70,5 Prozent Ja-Stimmen zur Veloinitiative sind wir zuversichtlich, dass unser «Ei des Kolumbus» endlich gelegt und der Velotunnel 2024 eröffnet werden kann. Und falls noch jemand ein Killerargument für zaudernde Mitbürgerinnen oder Mitbürger braucht: Einfach immer daran denken, dass es extrem viel mehr kosten würde, wenn man diesen Tunnel wie ursprünglich geplant den Autos überliesse – und dass dies nicht nur zulasten des Portemonnaies ginge, sondern auch auf Kosten der Lebensqualität. 

Immer noch nicht überzeugt? Dann gäbe es hier noch eine Zusammenfassung der acht wichtigsten Argumente für ein ein JA zum Velotunnel

Die Bilder stammen von Michael T. Ganz, der den Tunnel 2015 für sein Buch «Zürich Untergrund. Die Stadt unter der Stadt» besichtigen durfte.

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Andrea Freiermuth

Leiterin Kommunikation & Events bei Pro Velo Kanton Zürich

2 Comments

  1. DAve

    War mir gar nicht mehr bewusst, wie viele gute Ideen wir rund um den unnützen Autotunnel hatten 🙂

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  2. Michi

    Das mit den Rückbaukosten ist eigentlich eine gute Idee. Das sollte man bei allen Bauprojekten mit öffentlichem Interesse so handhaben: Autobahnen, Fussballstadien, geologische Tiefenlager usw. – der Bedarf könnte sich ja in Zukunft ändern 😉

    Reply

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