Lasst uns über Geld reden

Lasst uns über Geld reden

Cycling Science – Wissenschaft für Velofahrende.

Wer in die Veloinfrastruktur investiert, wird einen Nutzen ernten – mit dem Ausbau der Autobahn hingegen entstehen nur Kosten.

Bundesrat und Parlament wollen mehr Autotunnel und mehr Autobahnspuren: Fünf grosse Projekte sollen bis 2030 fertig werden, zwölf weitere Projekte sind beschlossen und viele mehr in Planung. Gegen die baureifen Projekte ist das Referendum zustande gekommen, wir werden am 24. November darüber abstimmen. 

Klar ist, dass der Ausbau von Autostrassen zu mehr Verkehr führen wird – mit all seinen negativen Auswirkungen. Aber weil das für viele der geneigten Leserinnen und Leser kalter Kaffee sein dürfte: Lasst uns ein bisschen über Geld reden.

Der Autobahnwahn

Die verschwenderische Grosszügigkeit des Parlaments ist durchaus bemerkenswert. 4,4 Milliarden Franken verlangte der Bundesrat für die baureifen Autoprojekte – das Parlament legte freundlicherweise noch 900 Millionen drauf. 5,3 Milliarden, nicht eingerechnet sind die Umwelt- und Gesundheitsschäden, die die gestiegene Verkehrsleistung verursachen wird. Aber die Menschen werden – so die automobile Logik – vorübergehend so viel wertvolle Zeit sparen, dass Geld keine Rolle spielt.

Das Radwegnetz in Sevilla hat 2006 rund 17 Millionen Euro gekostet. Bis 2032 wird ein Ertrag von 557 Millionen Euro erwartet.

Felix Schindler schreibt über Mobilität und Stadtentwicklung, schmeisst die Hälfte des Haushalts und kümmert sich um seine Zwillinge.

Weniger Kosten, mehr Ertrag

Ginge es den Bürgerlichen tatsächlich um einen volkswirtschaftlichen Effekt, würden sie in Veloinfrastruktur investieren. Abgesehen davon, dass der Gesundheitsnutzen des Velofahrens alle Investitionen nach kurzer Zeit amortisiert, sind die ökonomischen Vorteile von Velowegen vielfältig und zigfach nachgewiesen. Nur ein paar Beispiele: Das Radwegnetz in Sevilla hat 2006 rund 17 Millionen Euro gekostet. Dadurch wurden Umwelt- und Gesundheitskosten gesenkt, Staus reduziert und Umsätze der lokalen Wirtschaft angekurbelt. Bis 2032 wird ein Ertrag von 557 Millionen Euro erwartet.

Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt, dass für jede Million Dollar, die in Infrastruktur für Velofahrende und Zufussgehende investiert wird, acht bis 24 neue Jobs entstehen: Verkehrsplanerinnen, Ingenieure, aber auch Mitarbeitende im Fahrradsektor, im Einzelhandel und im Tourismus.

Zum Schluss ein Beispiel, das den Bürgerlichen gefallen müsste: In Tempe, Arizona, stieg der Wert von Immobilien in Gebieten mit guten Velowegen um bis zu sieben Prozent – nicht nur direkt an den Velowegen selbst, auch im näheren Umkreis. In Zürich geschah dies an der Weststrasse, die seit 2010 für den Durchgangsverkehr gesperrt ist. Wenn der Wert der Immobilien nur halb so stark gestiegen ist wie die Lebensqualität an der Weststrasse, dann sind deren Besitzer unfassbar reich geworden. Rein rechnerisch gäbe es also interessante Alternativen zu achtspurigen Autobahnen – und abseits davon sowieso.

Die drei obigen Beispiele stammen aus dem Bericht «Making the Economic Case for Cycling», der eine Übersicht über zahlreiche Studien liefert, die den ökonomischen Nutzen von Velowegen nachweisen.

Willst du mehr Cycling Science? Hier etwa gibts was zum Thema «Wie Sprache unser (Verkehrs)denken definiert».

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