Velofahren in Amsterdam

Velofahren in Amsterdam

Aus der Serie «Austauschsemester in einer Velostadt».

Nina (28) hat ein Austauschsemester in Amsterdam verbracht. Im Interview erzählt die Juristin, wie sich das Velofahren in der Hauptstadt der Niederlande angefühlt hat – und was der Unterschied zu Zürich ist.

Nina ist in Zürich fast täglich mit ihrem alten Rennvelo unterwegs. Zum Bahnhof, zum Sport, zu Freundinnen und Freunden, am Tag und in der Nacht – auf ihr Velo ist einfach Verlass. In Amsterdam genoss sie unterem anderem das entspannte Fahrgefühl und den Vortritt, der ihr häufig gewährt wurde. 

Warum hast du Amsterdam für dein Austauschsemester gewählt?

Hauptgrund war die Möglichkeit, einen Master im internationalen und transnationalen Strafrecht zu machen. Dass Amsterdam gleichzeitig eine velofreundliche Stadt ist, war ein tolles Plus.

Was der gute Ruf als Velostadt auch ein Beweggrund?

Nein, nicht unbedingt. Aber die Vorfreude auf Amsterdam als Velostadt war dafür umso grösser.

Wie hast du das Velo in Amsterdam genutzt?

Täglich und zu allen Uhrzeiten. Ich wohnte an der Stadtgrenze von Amsterdam und hatte durchschnittlich eine halbe Stunde Weg, um an meine Ziele zu kommen. Das Wetter hat im Winter seinem Ruf alle Ehre gemacht, trotzdem war ich immer mit dem Velo unterwegs, weil es einfach das schnellste Fortbewegungsmittel war.

Velofahren in Amsterdam

Austauschstudentin Nina geniesst das Velofahren auf der grosszügigen Veloinfrastruktur in Amsterdam. 

Selifie

Wie hat sich das Velofahren in Amsterdam angefühlt?

Es hat richtig viel Spass gemacht. Die Wege sind in der Regel von der Autostrasse abgetrennt. Man fühlt sich also sehr sicher und hat nicht ständig ein Auto im Nacken.

Was war anders?

Das Velofahren in Amsterdam ist viel entspannter als in Zürich. Man hat eigentlich meist eine eigene Spur, die so breit ist, dass man auch zu zweit oder zu dritt nebeneinander fahren und sich unterhalten kann. Zudem ist das Velonetz durchgehend erschlossen, und man kann praktisch ausnahmslos auf einem Veloweg fahren. Auch wird dem Velo viel öfters Vortritt gewährt als in der Schweiz. Eindrücklich ist auch, wie die Leute das Velo nutzen: Eltern bringen ihre drei Kinder im Lastenrad an die gewünschte Destination, Personen im Anzug fahren mit dem Velo zur Arbeit, andere bringen ihr neu gekauftes Möbelstück mit dem Cargo nach Hause – es gibt wohl nichts, was in Amsterdam nicht schon mit dem Velo transportiert wird.

Was war besonders toll?

Die Velostrassen, auf denen die Velos den ganzen Raum für sich haben und die Autos ihr Tempo den Velos anpassen müssen. Extrem cool ist auch, dass die Universität eine ganze Tiefgarage mit nur Veloparkplätzen hat. Man fährt mit dem Velo rein, parkiert im Trockenen und ist bereits im Untergeschoss vom Unigebäude. Solche Parkplätze gab es auch an verschiedenen Orten in der Stadt – und die ersten 24 Stunden in überwachten Velogaragen sind in der Regel gratis.

Velofahren in Amsterdam

In Amsterdam haben Velofahrende im Kreisverkehr meist eine eigene Spur, auf der sie vortrittsberechtigt sind. 

Fotografin: Yvonne Ehrensberger

Was ist dir nach der Rückkehr aufgefallen?

Wie unchillig es ist, hier zu fahren. Die Velowege in Zürich vermögen nicht das Sicherheitsgefühl zu vermitteln, wie sie es in Amsterdam tun. Hauptgrund dafür ist wohl, dass man sich hier die Strasse immer noch mit den Autos teilen muss und nicht durch eine Erhebung oder sonstige Objekte von ihnen getrennt ist.

Was würdest du dir für Zürich wünschen?

Durchgehende Velowege, die ein Gefühl der Sicherheit vermitteln können. Und ein geteiltes Verständnis für das Velo als praktisches, günstiges und ökologisches Transportmittel. Das könnte eine grosse Wechselwirkung erzeugen: Wenn durch mehr Velowege mehr Personen dazu motiviert wären, vom Auto auf das Velo umzusteigen, würden sich diese Personen auch als Velofahrende verstehen und ihre Wahrnehmung von Velofahrenden ändern. Oder anders gesagt: Während das Velo in Zürich einen Graben zwischen die Leute treibt, wird es in Amsterdam über die gesamte Gesellschaft hinweg genutzt. Dadurch entsteht ein gegenseitiger Respekt, auch wenn man mal nicht auf dem Velo unterwegs ist.

Gibt es noch etwas, das du ergänzen möchtest?

Bevor ich nach Amsterdam gegangen bin, habe ich mich auch in Zürich auf dem Velo ziemlich sicher gefühlt. Als ich dann aber nach drei Monaten zum ersten Mal wieder zu Hause war, habe ich eine Weile gebraucht, bis ich mich wieder an den Stress auf der Strasse gewöhnt habe. Bis vor Amsterdam war ich mir zwar bewusst, dass die Velosituation in Zürich nicht optimal ist, aber ich habe sie halt mit einem Schulterzucken akzeptiert. Heute weiss ich, wie viel besser es sich anfühlen könnte. Das gibt mir einerseits Hoffnung, andererseits frustriert es mich auch, dass es in Sachen Velowege nur langsam vorwärts geht.

Keine Mischzonen

In diesem Tunnel gibt es eine klare Abtrennung zwischen dem Bereich für Zufussgehende und der Spur für Velofahrende – hier im Bewegtbild

Zentrales Veloparking

An der Universtät Amsterdam kann man mit dem Velo direkt unter das Hauptgebäude fahren – und ist damit beinahe schon in der Vorlesung.

Viel Raum 

Die Velowege in Amsterdam sind breit und meist abgetrennt vom übrigen Verkehr. Das erhöht das Sicherheitsgefühl und ermöglicht Unterhaltungen während des Fahrens. 

About The Author

Andrea Freiermuth

Leiterin Kommunikation & Events bei Pro Velo Kanton Zürich

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