Helmpflicht für Velofahrende

Helmpflicht für Velofahrende

Die Helmpflicht für Velofahrende ist kontraproduktiv. Warum dem so ist – und was wirklich nützt.

Pro Velo empfiehlt das Tragen eines Helmes beim Velofahren, spricht sich jedoch gegen einen Zwang zum Helm aus. Hier erklären wir unsere Beweggründe und zitieren aus der Wissenschaft. 

Die Helmpflicht für Fahrerinnen und Fahrer von langsamen E-Bikes ist zum Glück vom Tisch. Auch die Helmpflicht für Kinder und Jugendliche kommt nicht. Die Verkehrskommission des Nationalrates hat Anfang 2022 einen ensprechenden Vorschlag des Bundesrats deutlich abgelehnt. 

Klar: So ein Helm schützt vor Kopfverletzungen, die bekanntlich meist zu den schlimmeren Verletzungen gehören. Zu Bedenken gilt allerdings: Noch nie hat ein Helm einen Unfall verhindert. Helme können höchstens die Folgen eines Unfalls mindern. Darum ist die Helmpflicht für langsame E-Bikes, also jene mit elektrischer Unterstützung bis bloss 25 Kilometer pro Stunde, bloss Symptombekämpfung. Das Velofahren in der Schweiz krankt an der Infrastruktur.

Nur ein gute Infrastruktur schützt wirklich

Was Velofahren wirklich sicherer macht, ist eine Verkehrsführung, die Velofahrenden schützt. Das ist eine Tatsache, die dank zahlreichen Studien nicht wegzudiskutieren ist. In den Niederlanden etwa konnte so die Zahl der getöteten Velofahrenden über einen Zeitraum von 30 Jahren um 80 Prozent verringert werden. Eine Studie von Greenpeace zeigt, dass je mehr Geld eine Stadt für die Veloinfrastruktur ausgibt, desto kleiner wird das Unfallrisiko. Und die bisher grösste US-Studie zum Thema Velofahren und Verkehrssicherheit kommt zum Schluss: Eine gute Veloinfrastruktur erhöht nicht nur die Sicherheit der Velofahrenden, sondern schützt auch alle anderen Verkehrsteilnehmer.

Wer sich sicher fühlt, fährt auch eher Velo. Darum erhöht eine sichere Veloinfrastruktur auch die Zahl der Velofahrenden. Das wiederum reduziert das Unfallrisiko zusätzlich. Man spricht in diesem Zusammenhang vom «Safety in numbers»-Effekt: Je mehr Velofahrer unterwegs sind, desto weniger Unfälle gibt es in Relation zu den zurückgelegten Kilometern. Das Phänomen erklärt sich mitunter dadurch, dass je mehr Velofahrende unterwegs sind, desto eher rechnen Autofahrende mit ihnen und wissen sich adäquat zu verhalten.

Helmpflicht erhöht die Gesundheitskosten

Darum ist die vom Bundesrat vorgeschlagenen Helmpflicht für E-Bike-Fahrende kontraproduktiv: Ein Helmobligatorium hält die Menschen vom Velofahren ab. Das zeigt das Beispiel Neuseeland exemplarisch. Dort wurde der Helm auf dem Velo Anfang der 90er-Jahre obligatorisch. In der Folge halbierte sich die Anzahl der Velofahrenden, zugleich stieg das Unfallrisiko für die verbleibenden Radler.

Auch in Australien ist der Helm auf dem Velo Pflicht. Der Gesundheitsexperte Chris Rissel befragte die Bevölkerung von Sidney 2011 zur Helmpflicht: Fast ein Viertel der Befragten gab an, dass sie mehr Fahrrad fahren würden, wenn sie nicht immer an einen Helm denken müssten. Das Fazit des Autors: Die Helmpflicht schadet den Menschen mehr als dass sie schützt, weil sich wegen des Gesetzes weniger Menschen mit dem Velo bewegen. Dazu passend gibt es eine Studie der Universität Zürich, die mit einem Gesundheitsnutzen von zwei Milliarden Franken pro Jahr rechnet, wenn der Veloanteil in der Schweiz um 5 Prozent stiege.

Wir befürworten das freiwillige Tragen

Wer an dieser Stelle noch nicht überzeugt ist, dem sei der Artikel «Helmpflicht mit Nebenwirkungen» von Infosperber empfohlen. Hier werden unter anderem Studien zitiert, die zeigen, dass Autofahrende Velofahrende mit Helm riskanter überholen – und auch, dass Velofahrende mit Helm höhere Risiken eingehen. Wer lieber schaut als liest, dem sei dieser Video-Beitrag von «The Guardian» empfohlen.

Aber damit das ganz klar ist: Pro Velo befürwortet das freiwillige Tragen eines Helms. Wir wehren uns bloss gegen den gesetzlichen Zwang. Was für schnelle E-Bikes, die den Mofas gleichgestellt sind, durchaus Sinn macht, möchten wir für Velos und langsame E-Bikes aus obigen Gründen abwenden – zum Positionspapier von Pro Velo Schweiz.

About The Author

Andrea Freiermuth

Leiterin Kommunikation & Events bei Pro Velo Kanton Zürich

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