Neue Velostandards für die Stadt Zürich

Neue Velostandards für die Stadt Zürich

Welche Normen gelten für den Bau von Velostrecken in der Stadt Zürich künftig?

Ende März 2024 hat die Stadt Zürich neue Velostandards veröffentlicht. Wir haben Sie unter die Lupe genommen.

Endlich: Nach dem wichtigen Handbuch «Veloverkehr in Kreuzungen» auf nationaler Ebene und den «Standards Veloverkehr» des Kantons Zürich hat nun auch die Stadt Zürich nachgezogen und strebt mit den «Velostandards Stadt Zürich» klare Normen an. Pro Velo war in der Begleitgruppe dabei – und konnte da und dort Einfluss nehmen.

Im Folgenden zeigen wir auf, was sich im Vergleich zu den bisherigen Standards, die im 2015 publiziert wurden, verbessert hat. Eines vorweg: Die Grundlagen sind gut, aber sie dürfen nicht bloss zum Papiertiger werden: Sie müssen auch tatsächlich auf die Strasse kommen. Diesbezüglich macht uns folgender Satz aus der Medienmitteilung etwas argwöhnisch: «Sie [Die in den Velostandards aufgeführten Masse und Lösungen] dienen als Richtwerte und werden situationsspezifisch angewendet.» So oder so: Dass die Stadt sich an ihre eigenen Ziele hält, darüber werde wir mit einem sehr scharfen Auge wachen – notfalls mittels Einwendungen und Einsprachen.

Plan Birmensdorferstrasse beim Bahnhof Wiedikon

Die Netzhierarchie

Dank der Velorouten-Initiative gibt es in der Netzhierarchie ein neues Element: die Velovorzugsroute – neben Hauptnetz und Basisnetz. Velovorzugsrouten sollen attraktiv, einfach und sicher sein.  Das Hauptnetz direkt und schnell. Und das Basisnetz ergänzend. Bei allen verschiedenen Routentypen gibt es zudem einen grossen Unterschied zu früher: Neu gibt es jeweils nur noch einen Standard, nicht wie bisher A und B. Das hat den Vorteil, dass nicht wie bisher meist B – also die für Velofahrende ungünstigere Norm – gewählt wird.

Velostandards für die Stadt Zürich

Die Planungsgrundsätze

Bisher galt: Das Velo soll in erster Linie auf der Strasse geführt werden. Neu wird das subjektive Sicherheitsempfinden als wichtiges Kriterium aufgenommen – insbesondere bei der Abwägung zwischen separiertem Radweg oder bloss Radstreifen. Menschen auf Velos sollen «sicher sein» und «sich sicher fühlen».

Velostandards für die Stadt Zürich

Die Dimensionen

Bisher galt für Radstreifen höchster Qualitätsstufe eine Breite von 1,8 Metern, für Hauptrouten 1,5 Meter – beziehungsweise 1,25 für Hauptrouten der Qualitätsstufe B. Neu sollen Hauptrouten 2,2 Meter (+0,4m) und Velovorzugsrouten sogar 2,5 Meter breit werden. Und ganz wichtig: Radstreifen mit 1,25 Meter kommen NICHT mehr vor. Der Mindestabstand des Radstreifens zu Parkplätzen beträgt neu 0,75 Meter anstatt wie bisher 0,5 Meter.

Velostandards für die Stadt Zürich

Die Velovorzugsrouten

Der Abschnitt zu den Velovorzugsrouten ist komplett neu, da sie erst dank der Velorouten-Initiative in Planung sind. Ihr Querschnitt beträgt 4,8 Meter. Der Abbau von Parkplätzen wird dabei explizit erwähnt: «Um die angestrebte Fahrbahnbreite von 4,8m einer VVR zu gewährleisten, sind bei Bedarf Parkfelder aufzuheben.» Damit soll es möglich sein, dass sich vier Velos auf gleicher Höhe begegnen. Dies ist wichtig, weil Velos heutzutage mit ganz unterschiedlichen Tempi unterwegs sind. Dank dem Rekurs von Pro Velo an der Mühlebachstrasse gibt es nun auch einen expliziten Passus zum Durchgangsverkehr: «Wird Durchgangsverkehr festgestellt, sind projektspezifisch Massnahmen zu dessen Unterbindung vorzusehen (zum Beispiel gegenläufige Einbahnen, Modalfilter, Fahrverbote, etc.)». Zudem sollen Velofahrende auf Velovorzugsrouten im Grundsatz vortrittsberechtigt sein, damit sie im steten Fahrfluss unterwegs sein können. Diese Priorität gilt gegenüber allen gleich oder tiefer klassierten Strassen. Falls Velovorzugsrouten auf Hauptverkehrs- oder Verbindungsstrassen geführt sind, soll «die Führung stärker auf Radwegen und grosszügigeren Dimensionierungen liegen». Last but not least, sind da die grünen Bänder, welche die Velovorzugsrouten sichtbar machen sollen.  

Velostandards für die Stadt Zürich

Die Kreuzungen

Bisher stand praktisch nichts zu Kreuzungen in den Standards. Neu gibt es an den Knoten eine Priorisierung. Zudem wird Linksabbiegen für Velofahrende bei Knoten mit mittlerer bis hoher Verkehrsbelastung künftig indirekt umgesetzt. Das heisst, Velofahrende können am rechten Fahrbahnrand bleiben und das Linksabbiegemanöver in zwei Etappen ausführen. Das braucht etwas mehr Zeit, fühlt sich aber bedeutend sicherer an. Das direkte Linksabbiegemanöver ist für geübte Velofahrende weiterhin möglich.

Das, was fehlt – fehlt bewusst

In den neuen Standards gibt es keine Kreisel. Und das ist gut so, denn wir wollen davon keine neuen. Weil Kreisel eine Gefahr für Velofahrende sind. Auch fehlt der Veloverkehr auf der Fahrbahn des Trams. Auch das ist zu begrüssen, denn da besteht aufgrund der Geleise und der hohen Kante latente Sturzgefahr. Stattdessen werden Haltestellen prioritär auf deren Rückseite umfahren. Und zu guter letzt: Radstreifen in Mittellage werden ebenfalls nicht behandelt. Weil sich das Eingequetschtsein zwischen zwei Autospuren nicht eignet für Velofahrende von im Alter zwischen 8 bis 80.

About The Author

Andrea Freiermuth

Leiterin Kommunikation & Events bei Pro Velo Kanton Zürich

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