Die Kuppler aus Winterthur
Ein genialer Veloanhänger und seine Macher.
Re Meili und Lorenz Grimmer stellen Veloanhänger her: Der polyroly aus Winterthur ist dank einer ausgeklügelten Konstruktion extrem leicht und robust.
Eigentlich gibt es nur ein Problem mit dem Anhänger polyroly aus Winterthur: Er ist so leicht und liegt so gut auf der Strasse, dass man zuweilen vergessen kann, dass man ihn am Velo hängen hat. Das leichteste von insgesamt zwölf verschiedenen Modellen wiegt bloss fünf Kilogramm.
Zu verdanken ist dies seiner besonderen Konstruktion: Der polyroly ist aus dünnwandigen Chromstahlrohren gefertigt, die wie bei einem Velorahmen Dreiecke bilden und an den Ecken ineinander verschraubt sind. Er ist damit eigentlich ein rollendes Vieleck, ein polyroly eben. Das filigrane Stahlgerüst rollt auf zwei leicht nach innen abgewinkelten Rädern, was bewirkt, dass es selbst unbeladen gut in der Kurve liegt.
Adapter zur Weber-Kupplung: Thule, Leggero und Burrley.
Not macht erfinderisch
Ausgeheckt wurde das Prinzip des rollende Vielecks vom Industriedesigner Re Meili. Der heute 58-Jährige studierte in den 90er-Jahren in London, war dort viel mit dem Velo unterwegs und wollte damit auch grössere Objekte transportieren. Geeignete Anhänger gab es aber nicht zu kaufen und so schraubte sich Meili kurzerhand selbst einen zusammen.
Nach dem Studium machte Meili dann erst mal Karriere als Ausstelungs-designer, unter anderem mit Messen für die Autoindustrie. Die Idee mit dem Cargoanhänger liess ihn aber nie ganz los und so spazierte er 2011 in die Schlosserei von Lorenz Grimmer. Die beiden überarbeiteten den ursprünglichen Prototyp von Grund auf.
2017 gingen Grimmer und Meili auf die Suche nach Investoren. Das Velo war damals angesichts von Klimawandel und Verkehrswende eine Verheissung und viele glaubten, dass sich damit das grosse Geld machen liess. Man erinnere sich in diesem Zusammenhang an O-Bike, Bond und wie sie alle hiessen. Auch polyroly wurde zu einer Aktiengesellschaft, investierte ins Marketing – und brach sich dabei beinahe das Genick.
Filigran und leicht: Das Modell «Cage» wiegt bloss 5 Kilogramm.
Mit Sharing neu am Start
Fakt ist: polyroly ist zwar eine super Konstruktion, ist aber auch recht teuer. Das günstigste Modell kostet knapp 1000 Franken, das teuerste über 3000 – in Winterthur entwickeln und herstellen hat eben seinen Preis. Dieser relativiert sich aber, wenn die Anhänger gemeinsam genutzt werden. Mit der Dienstleistung polyroly-Cargo-Sharing verkaufen Meili und Grimmer ihre Produkte heute zunehmend an Siedlungen und Firmen, die eine robuste Alternative zu lokalen Transporten mit dem Auto suchen und bereit sind, in ein wartungsarmes Produkt zu investieren.
Die Anhänger stehen dabei in Konkurrenz mit den beliebten Cargobikes. Die haben gemäss Grimmer aber auch einige Nachteile, gerade beim Sharing: «Selbst ein sehr hochwertiger Cargoanhänger lässt sich über die Jahre viel günstiger betreiben als ein E-Cargobike, bei dem viel schneller etwas kaputt gehen kann.» Darum sei es viel sinnvoller, die Leute fahren ihr eigenes Zweirad und ergänzen es eben nach Bedarf mit einem unkaputtbaren Anhänger.
Die beiden Tüftler haben aber auch erkannt: Das attraktivste Angebot an Sharing-Anhängern nützt herzlich wenig, wenn diese nicht mit dem eigenen Velo oder E-Bike verbunden werden können. Die korrekte Kupplung selbst auszusuchen und diese gar selber zu montieren, ist für viele eine grosse Hürde. Darum empfehlen Grimmer und Meili einen Besuch beim lokalen Velohandel oder verkuppeln die Anhänger auf Wunsch selbst – bei Siedlungen und Firmenkunden sogar vor Ort.
Re Meili und Lorenz Grimmer mit dem Modell «Container» (v.l).