Velofahren in Kopenhagen

Velofahren in Kopenhagen

Aus der Serie «Austauschsemester in einer Velostadt».

Jasmine (29) hat ein Austauschsemester in Kopenhagen verbracht. Im Interview erzählt die HR-Spezialistin, wie sich das Velofahren in der Hauptstadt von Dänemark angefühlt hat – und was der Unterschied zu Zürich ist. 

Die Vorstellung jeden Tag auf guter Veloinfrastruktur unterwegs zu sein, hat Jasmine nach Kopenhagen gelockt. Sie studierte vier Monate lang Psychologie an der University of Copenhagen – und sass praktisch jeden Tag auf dem Velo.

Warum hast du Kopenhagen für dein Austauschsemester gewählt?

Unter anderem wegen der tollen Veloinfrastruktur. Ich war vor ein paar Jahren auf einer Interrail-Reise von Zürich bis nach Bergen in Norwegen unterwegs. Wir haben in Kopenhagen in einem Airbnb geschlafen und konnten dort Velos ausleihen. Ich fand die dänischen Velowege schon damals richtig cool! Für mich war die Vorstellung, jeden Tag auf einer guten Veloinfrastruktur unterwegs zu sein, ein grosser Beweggrund, nach Kopenhagen zu gehen.

Wie hast du das Velo in Kopenhagen genutzt?

Ich habe das Velo täglich genutzt: Um an die Uni zu fahren, um Freunde zu treffen, um in den Sport zu gehen, um ans Meer zu fahren – eigentlich für praktisch alles.

Wie hat sich das Velofahren in Kopenhagen angefühlt?

Ich habe mich sehr sicher gefühlt. Es war einfach toll! Die Verkehrsinfrastruktur berücksichtigt alle Verkehrsteilnehmenden, und ich fühlte mich als Velofahrerin respektiert. Ich hatte nie Angst, dass mich Autofahrende übersehen, wenn sie rechts abbiegen. Und gerade in der Rush-Hour fand ichs mega toll, wenn hunderte Velos an den Ampeln warteten und bei Grün wie ein Bienenschwarm losradelten. Zudem war es toll, dass ich gemeinsam mit Freunden auf dem Velo unterwegs sein konnte und wir genügend Platz hatten, um nebeneinander zu fahren und zu reden.

Velofahren in Kopenhagen

Die Austauschstudentin Jasmin, hier am Velofahfahren in Zürich. 

Fotografin: Yvonne Ehrensberger

Was war anders?

Zwei Dinge: Die Infrastruktur und das Verständnis fürs Velo. Die Velowege sind in Kopenhagen so breit, dass zwei bis drei Velos nebeneinander Platz haben. Man kann problemlos überholen, ohne auf die Spur der Autos ausweichen zu müssen. Auf den Hauptstrassen gibt es meistens eine eigene Spur für die Velos, die mit einem Randstein von der Strasse abgegrenzt ist. An Kreuzungen mündet der Veloweg teilweise in die Spur fürs Rechtsabbiegen der Autos. Dabei ist es immer klar, dass die Velos Vortritt haben und die Autos erst nach den Velos rechts abbiegen. Weiter gibt es überall separate Ampeln für Velos, die den Weg signalisieren. Gibt es Parkplätze entlang von einer grösseren Strasse, befinden sich diese zwischen Strasse und Veloweg. So kommen sich Velo und Auto nicht in die Quere und man muss keine Angst haben, dass der Veloweg von einer sich plötzlich öffnenden Autotür versperrt wird. Es gibt zudem viele Brücken, die autofrei sind und nur für Velofahrende und Zufussgehende reserviert sind. Als Velofahrerin hat man so mehr Möglichkeiten als die Autofahrenden oder die ÖV-Nutzenden. Mit dem Velo bist du am schnellsten, egal wo du hin möchtest.

Was war besonders toll?

Die vielen und breiten Velowege. Ich hatte immer das Gefühl, als Velofahrerin genügend Platz zu haben und konnte auch mal ungestört mit einer Freundin quatschen während dem Velofahren. Und: wenn am Morgen unzählige Velos unterwegs waren und die Velovege fast voller waren als die Strassen. Wie cool ist denn das?

Gab es auch negative Erlebnisse?

Beim ersten grösseren Regen habe ich gedacht, dass ich die Regenhose für die zehn Minuten Velofahrt nicht zwingend brauche. Meine Hose war danach völlig durchnässt. Danach wusste ich: Die Regenhose muss immer mit und es lohnt sich, sie zu tragen, wenn es regnet. Als es kälter wurde, habe ich mich mit Schal, Mütze und Handschuhen eingepackt und konnte das Velofahren weiterhin geniessen.

Veloweg in Kopenhagen

Sichere Veloinfrastruktur in Kopenhagen: Brücke nur für Zufussgehende und Velofahrende. 

Fotografin: Yvonne Ehrensberger

Was ist dir nach der Rückkehr nach Zürich aufgefallen?

Wie wenig Platz das Velo hier hat! Die Velowege sind extrem schmal und oftmals ist die Strasse auch so schmal, dass die Autos den Veloweg mitbenützen müssen, um genügend Platz zu haben. Zudem enden die Velowege oftmals mitten auf einer Strasse und man muss sich als velofahrende Person seinen eigenen Weg suchen.

Was würdest du dir für Zürich wünschen?

Genügend Platz für das Velo in der Stadt. Dass beim Bau von Strassen der Miteinbezug von Velowegen ein MUSS ist. Dass dem Bau des Netzes der Velovorzugsrouten Priorität gegeben wird. Dass Velowege zu Ende gedacht werden und durchgehend vorhanden sind. Ich denke, dass die Stadt Zürich das Potenzial hat, velofreundlicher zu werden und, wenn die Velo-Infrastruktur sich verbessern würde, viel mehr Menschen das Velo nutzen würden.

Ziehst du persönliche Konsequenzen aus dieser Erfahrung?

Ich möchte weiterhin, wenn immer möglich das Velo benutzen, weil ich es einfach liebe, flexibel unterwegs zu sein und den Wind in den Haaren zu spüren. Ich achte aber noch mehr darauf, dass ich als Velofahrerin auf der Strasse gut erkennbar bin, sei es im Hellen oder im Dunkeln. Und ich überlege mir vermehrt, ob es alternative Routen gibt, beispielsweise durch ein Quartier, damit ich nicht der Badenerstrasse entlangfahren muss.

Gibt es noch etwas, das du ergänzen möchtest?

Danke für die Möglichkeit, von meinen Erfahrungen zu berichten. Wir sehen uns auf den Velowegen von Zürich!

Velobrücke in Kopenhagen

Brücke nur für Velos

In Kopenhagen gibt es viele Velowege, die komplett vom restlichen Verkehr getrennt sind – wie etwa diese Velobrücke. 

Veloinfrastruktur in Kopenhagen

Velowege zum Plaudern

Oft ist die Veloinfrastruktur in Kopenhagen so breit, dass man problemlos nebeneinander fahren kann.

Sicherer Kreisel für Velofahrende in Kopenhagen

Kreisel gut gelöst

Kreisel in Kopenhagen haben eine Velospur, die sich sowohl optisch wie auch sensorisch von der Autospur (Kopfsteinpflaster) abhebt.

About The Author

Andrea Freiermuth

Leiterin Kommunikation & Events bei Pro Velo Kanton Zürich

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