Verpasste Chance in Affoltern
Das neue Tram macht Platz fürs Auto, aber nicht fürs Velo.
Das Monster-Projekt «Tram Affoltern» verpasst das Potential einer zukunftsgerichteten Velohauptroute.
maschine» Wehntalerstrasse in Zürich-Affoltern mit dem Velo. Mit dem Neubauprojekt «Tram Affoltern» wird es wohl auch weiterhin so sein. Denn bei einem Querschnitt von bis zu 26 Metern sind nur gerade drei Meter für den Veloverkehr vorgesehen, das entspricht elf Prozent des Strassenraums. Während also alle anderen Verkehrsteilnehmenden nebeneinanderfahren oder -gehen können, bleiben Velofahrende auf der Strecke. Sie werden auf dieser Achse zu Einzelkämpfern verdammt, die hintereinanderfahren müssen.
Weil: Für mehr als 1,5 Meter Radstreifen pro Strassenseite hat es nicht gereicht. Wobei der Bereich für die Velofahrenden nur mit einer gelben Linie markiert ist, die zudem nicht mal durchgezogen, sondern bloss gestrichelt ist. So kann ein sicherer Überholabstand zwischen Auto und Velo nicht garantiert werden. Die Autos brausen also mit bis zu Tempo 50 weiterhin zu nah an Menschen auf Velos vorbei.
Farbe ist keine Infrastruktur: Trotzdem wird zum Schutz der Velofahrenden auf der Wehntalerstrasse künftig bloss etwas gepinselt.
Wie aus dem letzten Jahrzehnt
Denn das Projekt «Tram Affoltern» tastet die heilige Kuh der «Leistungsfähigkeit des motorisierten Verkehrs» nicht an: Die Stadt richtet die Lichtsignalanlagen noch immer auf die Kapazität des motorisieren Individualverkehrs (MIV) aus und führt den Autobahnzubringer zweispurig stadtauswärts – das Velo hat dabei wie gehabt das Nachsehen.
Pro Velo hat bereits in einem frühen Projektstadium im Jahr 2021 gefordert, dass die Mindestbreiten deutlich überschritten werden sollen – schliesslich handelt es sich bei der Wehntalerstrasse um eine Hauptroute im Velonetz. Gemäss heutigen kantonalen Standards sollten Velostreifen auf einer Hauptroute 1,8 Meter breit sein. Und die städtischen Standards sehen sogar abgesetzte Radwege von 2,2 Meter Breite auf solchen Strecken vor. Kurz: Mit dem Tramprojekt wird aktuell unter dem Deckmantel der «Verhältnismässigkeit» einmal mehr Veloinfrastruktur gebaut, die wie aus dem letzten Jahrzehnt daherkommt.
Wer sie kennt, meidet die «Verkehrsmaschine» Wehntalerstrasse in Zürich Affoltern
Fader Beigeschmack bleibt
Alles schlecht also? Ganz so einfach ist es natürlich nicht. Die Veloführung ist im Vergleich zum heutigen Stand durchgängig und die Knoten sind sorgfältig geplant, sodass die Radstreifen nicht einfach aufhören und indirektes Linksabbiegen an diversen Stellen möglich ist. Und auch die Velovorzugsroute, die zwischen der Käferholz- und Glaubtenstrasse auf der Wehntalerstrasse verläuft, ist korrekt gestaltet: Auf diesen wenigen Metern sind tatsächlich 2,5 Meter breite und abgesetzte Radwege geplant. Das zeigt: Es ginge also doch, wenn man denn wollte. So jedoch bleibt der fade Beigeschmack, dass es sich um reines ÖV- und MIV-Projekt handelt.