
Velofahrer bremsen nicht für Kinder. Oder doch?

Der Velofahrer – ein Rowdy?
Angeblich zeigt ein Monitoring der Stadt Zürich, dass Velofahrende nicht einmal Schulkindern den Vortritt gewähren. Wir haben es genau gelesen.
Fritz Klein will Velorouten in der Nähe von Schulhäusern verbieten. Der Rentner aus Wollishofen sagt, er sorge sich um die Sicherheit der Kinder.
Dass dies ein Scheinargument ist, zeigen die Unfallzahlen, die der «Tages-Anzeiger» veröffentlicht hat. In den letzten zehn Jahren wurde ein Kind durch einen Velofahrer verletzt und ins Spital gebracht. Bei Verkehrsunfällen mit Autofahrenden hingegen sind 23 Kinder erheblich verletzt und drei getötet worden.
Und doch: Die Initiative trifft einen wunden Punkt. Es kommt einfach zu oft vor, dass Velofahrende den Vortritt von Zufussgehenden missachten. Für viel Wirbel sorgte eine Untersuchung der Stadt Zürich vor dem Schulhaus Münchhalde, wo seit gut einem Jahr eine Vorzugsroute vorbeiführt. Die «NZZ» schreibt, diese Untersuchung habe bestätigt, «dass die Velofahrer auf dem Velo-Highway schnell unterwegs und nicht bereit sind, für Schulkinder zu bremsen».
«Das Monitoring an der Mühlebachstrasse zeigt: Jeder fünfte Autofahrende fuhr zu schnell.»
Das Monitoring wurde von einem renommierten Büro für Verkehrsanalysen durchgeführt. An fünf Tagen während jeweils zwei Stunden sind die Begegnungen auf dem Fussgängerstreifen ausgewertet worden. 67 Mal haben sich Zufussgehende und Velofahrende gekreuzt. Mehr als die Hälfte der Velofahrenden liess die Zufussgehenden nicht passieren. Das ist eine miserable Bilanz.
Aber: Die meisten Velofahrenden würden «vorausschauend fahren» und «sich der jeweiligen Situation anpassen», so die Dokumentation. «Gegenüber Kindern wird der Vortritt meist gewährt.» Und der Grossteil der Velofahrenden bewege sich mit einer Geschwindigkeit von etwa 20 Kilometer pro Stunde.
Und die Autofahrenden? Die fuhren im Durchschnitt 31 Kilometer pro Stunde, jeder Fünfte fuhr zu schnell. Jeder Vierte missachtete den Vortritt von Zufussgehenden – auf dem Fussgängerstreifen unmittelbar vor einem Schulhaus. Am problematischsten sei «das mehrfach beobachtete Halten zum Ein-/Aussteigen (Elterntaxi)» und vorschriftswidrig abgestellte Lieferwagen, die die Sicht auf die Zufussgehenden blockierten. Aber klar: kein Wort davon in der «NZZ».
Die tiefe Anhaltequote der Velofahrenden muss uns zu denken geben. Der Vortritt von Zufussgehenden und ein angemessener Abstand sind nicht verhandelbar. Was wir selbst tun können, steht in dieser Ausgabe auf Seite 5.
Aber wer die Gefahr durch Autofahrende so konsequent ausblendet wie Fritz Klein und die «NZZ», der handelt definitiv nicht im Interesse unserer Kinder. Das sollte uns auch zu denken geben.
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