
Die Velobahn an der Goldküste

Argumente für die Velobahn an der Goldküste.
Der Widerstand gegen die Velobahn an der Goldküste ist laut, aber schlecht begründet. Die Argumente der Gegnerinnen und Gegner lassen sich relativ leicht zerpflücken.
Jetzt macht der Kanton endlich seine Arbeit, aber stösst dabei auf den Widerstand einer Gemeinde: Küsnacht wehrt sich gegen die geplante Velobahn an der Goldküste. Wie gewohnt trauert man dabei dem Verlust von Parkplätzen nach. Der Gemeinderat meint, man solle die Route doch einfach aus dem Richtplan streichen – damit die charaktervolle Quartierstrasse mit versetzten Parkfeldern erhalten bliebe.
Falls es dem Rat entgangen sein sollte: Seit dem 1. Januar 2023 ist das nationale Veloweggesetz in Kraft: Es verpflichtet die Kantone Velowegnetze zu planen und zu verwirklichen – und geht auf eine Initiative von Pro Velo Schweiz zurück.
Klar, wir würden auch lieber gemütlich auf der Kantonsstrasse am See entlangfahren. Am Wasser wäre es schöner und flacher. Das kommt aber nicht in Frage, weil ein Ausbau entlang des Seeufers schwierig wäre. Vielleicht sollten wir der Gemeinde Küsnacht vorschlagen, dass man den Autoverkehr vom See einen Stock höher verlegt, damit es am See Platz fürs Velo gibt – allerdings dürfte dieses Vorhaben noch auf weit grösseren Widerstand stossen, denn dies hätte massiv negative Auswirkungen auf die Immobilienpreise und die Lebensqualität entlang der Quartierstrasse.

Parkplätze entlang der Zürcherstrasse in Küsnacht – unter anderem für Autos aus dem Aargau.
Schwache Argumente der Autolobby
Inzwischen hat sich auch der ACS Sektion Zürich zu Wort gemeldet: «Wer 240 Parkplätze auf einen Schlag beseitigen will, muss gute Argumente vorweisen. Die heutige Situation ist für alle Verkehrsteilnehmenden sicher, sinnvoll und ausgewogen. Eine Bevorzugung der Velofahrenden darf nicht dazu führen, dass alle anderen benachteiligt werden – zumal sie zur Finanzierung der Infrastruktur kaum beitragen», schreibt ACS-Präsidentin Ruth Enzler.
Die Autolobbyistin masst sich also an, für die Velofahrenden zu sprechen. Und weiss offenbar nicht, dass kommunale Strassen vollumfänglich über die Gemeindesteuern finanziert werden – wobei der Anteil der Gemeindestrassen im Schweizer Strassennetz satte 72 Prozent ausmachen. Auch scheint sie das Urteil des Zürcher Statthalters nicht zu kennen. Laut dieser Instanz ist das öffentliche Interesse, die Situation fürs Velo zu verbessern, höher zu gewichten als das Interesse einzelner Personen an öffentlichen Parkplätzen. Der Statthalter weist wie auch das Verwaltungsgericht darauf hin, dass «kein Anspruch auf Beibehaltung öffentlicher Parkplätze» besteht.

Die «charaktervolle» Zürcherstrasse mit ihren versetzen Parkplätzen soll gemäss Gemeinderat unbedingt erhalten bleiben.
Kosten-Nutzen spricht klar fürs Velo
Weiter appelliert der ACS an den Kanton, den geplanten Parkplatzabbau einer vertieften Kosten-Nutzen-Analyse zu unterziehen. Das ist zum Glück am Beispiel der Velobahn Limmattal bereits passiert: Dort zeigte sich ein Kosten-Nutzen-Verhältnis zwischen 1:6 und 1:27. Das heisst, jeder investierte Franken bringt im schlechtesten Fall einen 6-fachen und im besten Fall einen 27-fachen Nutzen – hier zur Studie.
Immerhin: Im Fall von Küsnacht wurden nicht schon wieder die armen Schulkinder bemüht, die sich vor Velos fürchten müssen. Hier dürften inzwischen dem Hinterletzten bekannt sein, dass die Unfallstatistik klar zeigt, dass Velofahrende im Vergleich zu Autofahrenden ein extrem viel geringeres Risiko darstellen. In der Stadt Zürich etwa wurde in den letzten zehn Jahren bloss ein Kind durch einen Velofahrer verletzt und ins Spital gebracht. Bei Verkehrsunfällen mit Autofahrenden hingegen sind 23 Kinder erheblich verletzt und drei getötet worden. Und dann ist da noch die Erhebung der Stadt Zürich an der Mühlebachstrasse, die den Mythos vom rücksichtlosen Velorowdy entlarvt – hier mehr dazu.
Fazit: Es gibt zahlreiche bombensichere Argumente für die Velobahn an der Goldküste. Der Widerstand war zu erwarten und wird die Umsetzung wie so oft verzögern. Der Kanton wird also einen langen Atmen brauchen – und wir machen ihm nötigenfalls Dampf, damit ihm die Luft nicht ausgeht.
Danke Pro Velo für die Initiative. Ja, dem Kanton Dampf machen in Sache Velo ist dringend notwendig und auch da grossen Dank an Pro Velo. Was ich dazu sage, wenn der Gemeinderat von Küsnacht meint, “man solle die Route doch einfach aus dem Richtplan streichen – ” Peinlich! Vielleicht gibt es ja auch Kinder an der Goldküste, die statt mit dem Elterntaxi mit dem Velo auf einer sicheren Route zur Schule fahren wollen… lieber Gemeinderat.